Kreativität und Drogen
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Version vom 14. Juli 2012, 16:05 Uhr
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Drogen sind Substanzen, die eine bewusstseins- und wahrnehmensverändernde Wirkung aufweisen; das können einfache Genussmittel, wie Kaffee und Alkohol ebenso sein, wie Medikamente, Arzneistoffe, Stimulantien und psychoaktive Substanzen, bis hin sogenannten "weichen" (z.B. Haschisch) oder "harten Drogen" (wie z.B. Kokain).
Zwischen Kreativität und Drogen sind seit altersher Verbindungen gezogen worden; einerseits um existierende Wirkungen bekannter Mittel zu untersuchen, andererseits um kreative Fähigkeiten durch Rauschmittel und Stimulantien gezielt leistungssteigernd zu beeinflussen. So hat sich die Meinung gefestigt, dass Kreatives Schaffen und Drogen unmittelbar miteinander verbunden sind.
Vergangenheit
Geschichtliche Verbindung
Historisch belegt ist, dass viele berühmte kreative Persönlichkeiten tatsächlich Stimulantien zu sich nahmen oder sogar von ihnen abhängig waren, um Imagination, Traumerlebnisse und Halluzinationen zu provozieren und dadurch Anregungen für ihr Schaffen zu gewinnen. In diesem Sinne wurden Rauschmittel oft als Ersatz genommen, um den erwünschten "Kuss der Muse" aktiv herbeizuführen, erweiterte Bewusstseinszustände oder Daseinsebenen zu erreichen, manische Zustände (Stimmungshochs) zu verstärken, bis hin zum Herbeiführen einer mystisch-spirituellen Exploration. Beispiele bekannter Protagonisten sind: Ernest Hemmingway, Timothy Leary, Thomas Mann, George Orwell, Andy Warhol, u.W.m..
Gegenwart
Wissenschaftliche Verbindung
Die wissenschaftliche Erforschung dieses Themas steckt noch in den Kinderschuhen (Stand 2010). Erste Arbeiten (s. z.B. Baudson und Puzalowski) weisen auf die Tatsache hin, dass insbesondere berühmte Kreative in ausgewählten Fällen sich mit Drogen befasst haben und stellen Thesen über Hintergründe, Drogenarten, -eigenheiten und -auswirkungen auf.
Unterscheidung
Neben vielen Unterscheidungsmöglichkeiten ist für die Kreativität insbesondere die Unterteilung in exogene und endogene Drogen interessant:
- Exogene Drogen: Von außen zugeführte Stoffe, die der Körper nicht selbst produziert (Bsp.: Coffein, Alkohol, weiche/ harte Drogen u.A.m.).
- Endogene Drogen: Stoffe, die der Körper selbst herstellen kann (Bsp.: Glückshormone (Endorphine), Adrenalin, Dopamin, Anandamide).
Wirkung und Einflussfaktoren
Exogene Drogen
Exogene Drogen besitzen oft eine akut kreativitätsfördernde/ stimulierende Wirkung, haben aber langfristig meist hemmende Auswirkungen oder sogar Schädigungen zur Folge.
Viele, gerade künstlerisch veranlagte, Menschen gehen davon aus, dass (exogene) Drogen für kurze Zeit das Bewusstsein erweitern, Kontrollhemmungen aussetzen und dadurch auch Kreativität positiv anregen. Gerade Künstler versprachen sich, von der Antike angefangen bis heute, davon, in einen sogenannten Schaffensrausch zu gelangen, der sie in kurzer Zeit in Umfang und Intensität gesteigerte Ergebnisse hervorbringen ließ
Dementgegen stehen allerdings mittelfristige Beeinträchtigungen der Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeit- und Konzentrationsfähigkeit und langfristig eine ganze Reihe potenzieller gesundheitlicher Schädigungen und weiterer Folgen (wie z.B. Abhängigkeit).
Endogene Drogen
Bestimmte Aktivitäten körperlicher Natur sind darauf ausgelegt, oft erst nach längerem Training, körpereigene (endogene) Drogen zu produzieren, wie z.B. längeres Laufen (Langlauf), Meditieren, Ekstase und weitere grenzüberschreitende Aktivitäten, die zu Flow-Situationen führen.
Sie sind in der Regel gesundheitsverträglicher als endogene Drogen und Rauschmittel; Ausnahmen sind auch hier die übermäßige Gewöhnung (Bsp.: Runner's High), die zu einer Sucht (Bsp.: Laufsucht) und nachfolgenden Abhängigkeit führen kann.
Kulturelle Unterschiede
Die Einnahme von Drogen unterliegt oft nicht nur dem inneren Antrieb, sondern auch externen Faktoren, z.B. permissiver Art. Nach einer Klassifikation von Bales (1946) lassen sich in Bezug auf das Verhältnis einzelner Kulturen zu Drogen bzw. der sozialen Anerkennung oder Ächtung folgende grundlegende Unterscheidungen treffen:
- Abstinenzkulturen: z.B. islamische oder buddhistische Länder
- Ambivalenzkulturen: z.B. UK, USA, Canada
- Permissivkulturen: z.B. mediterrane Länder
Insbesondere in den westlichen Zivilisationskulturen (wie USA, Europa) besitzen beispielsweise leichte Rauschmittel (wie Kaffee, Tabak, Alkohol) eine gesellschaftliche Akzeptanz und werden, ungeachtet ihrer Auswirkungen, oft nicht mehr mit dem Begriff "Drogen" verbunden; unabhängig von dieser "Einschätzung" können auch diese Stoffe, und ihre ausgelösten Empfindungen, langfristig Abhängigkeiten oder körperliche Schädigungen hervorrufen.
Effekte
positiv
- Kontrollverlust
- Bewusstseins-/ Erfahrungshorizonterweiterung
- Erhöhte Imaginationsfähigkeit
- schnelle Reaktivität
- Verstärkung manischer Zustände
- Denkprozesse lockern
- Tempo steigern (Fluidität)
- Unkonventionalität begünstigen
- schnelle und erweiterte Perspektivwechsel
negativ
- Kontrollverlust
- Verringerte Konzentrationsfähigkeit
- Auswahl/ Umsetzung von Ideen nur sehr bedingt möglich
- Abhängigkeit/ Sucht
- psychophysische Schädigungen/ Krankheiten
- affektive Störungen
- Förderung/ Begünstigung bipolarer Störungen
- unbewusst oder bewusst herbeigeführte Leiden
- Initiierung und/ oder Verstärkung depressiver Zustände
- erhöhte Suizidrate
Zukunft
Die Frage nach einer "Kreativitätspille", die kreative Zustände induziert oder kreative Fähigkeiten verstärkt, ohne schädliche Nebenwirkungen hervorzurufen, wird in Zukunft eine bedeutendere Rolle spielen. Das bezieht sich sowohl auf die Erforschung exogener Drogen, wie auch endogener Zustände (wie z.B. das Flow-Prinzip) und wird Schnittstellen u.a. zur Neurologie und Philosophie (Ethik-Diskussion) aufweisen
Publikationen
- Tanja Gabriele Baudson: Furor Poeticus oder chemische Imbalance. Vortrag in Nürnberg 2009.
- Tanja Gabriele Baudson: Rausch unf Kreativität. Vortrag in Mainz 2008.
- Aline Puzalowski: Die Kunst der Drogen. Blogeintrag 2010.