Vier P der Kreativität

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4 P der Kreativität (in Anlehnung an Rhodes)
Auf 1 Blick

Die "4 P der Kreativität" sind ein grundlegendes konzeptionelles Rahmenwerk des US-amerikanischen Kreativitätsforschers und Erziehungswissenschaftlers Mel Rhodes (1956/ 1961), das erstmals die vier Grundbausteine bzw. Komponenten von Kreativität zusammenfasst und beschreibt.

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Inhaltsverzeichnis

Gegenstand

In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts untersuchte Mel Rhodes, ein amerikanischer Erziehungs-Wissenschaftler, Universitätslehrer und Kreativitätsforscher, auf der Suche nach einer Generaldefinition für Kreativität das "Konstrukt Kreativität" und seine möglichen Komponenten. Im Rahmen der Arbeiten für seine Dissertation fand er mehr als 40 Definitionen und identifizierte mehr als 50 Bestandteile, die er in folgenden Bearbeitungsgängen weiter reduzierte. Die 4 zuletzt übriggebliebenen Bausteine fasste er zusammen zu dem Konzept und Rahmenwerk der 4 P der Kreativität; dieses veröffentlichte er zuerst in seiner Dissertation und nachfolgend in dem weithin bekannt gewordenen Artikel An analysis of creativity.

Die 4 von ihm identifizierten Grundbausteine (Modalitäten) bzw. Felder von Kreativität, die er jeweils als Ansatzpunkt für weitere Forschungen empfahl, waren:

Details

Mit "Person" fokussiert Rhodes auf zahlreiche Merkmale der Persönlichkeit, wobei er auch dem Verhältnis zwischen "Intelligenz" und persönlicher Kreativität weiten Raum gibt. Im Weiteren konzentriert er sich dann vor allem auf den Aspekt "Ideenreichtum".

Mit "Prozess" bezog sich Rhodes, obwohl er sich an Wallas 4 Phasen-Modell des kreativen Prozesse orientiert, im Wesentlichen auf menschliche Denkprozesse; so umfasste der Begriff im Originalkonzept ua. Attribute wie "Motivation", "Wahrnehmung" und "Kommunikation".

Unter "Produkt" wird ein handfestes Ergebnis verstanden, das aus einer Idee entstanden ist; im Weiteren geht Rhodes in seinen Abhandlungen dann vertiefend auf das Konzept von "Ideen" ein.

"Press" ist ein Begriff aus der englischen Didaktik für Umwelt/ Umgebung, die auf Personen oder auf Prozesse hinderlich oder förderlich drückt (i.S.v. einwirkt)); Rhodes beschreibt mit dem Begriff speziell das Verhältnis zwischen Menschen ("Person") und ihrer Umgebung; allerdings taucht dieser Begriff erstmals in seinem vielzitierten Artikel von 1961 auf, nicht aber in der ursprünglichen Dissertation.


Ausführungen

Rhodes' Ansatz stellte die erste ausführliche, schlüssige Detailbetrachtung und somit ein erstes konzeptionelles Rahmenwerk des gesamten, aus Wissenschaftssicht noch jungen Forschungsfelds und Konstrukts Kreativität und seiner wesentlichen Kernelemente dar, das allerdings selbst im Ursprungsland bis heute nur eine Referenz-Bedeutung besitzt; daher wird Rhodes in der US-Kreativitätsszene auch oft als "unsung hero" (i.S.v. "unbesungener/ vernachlässigter/ übergangener Held") bezeichnet.

Vermutungen gehen dahin, dass Rhodes von den legendären 4 P des Marketing inspiriert wurde und eine ähnlich geschichtsträchtig einprägsame Formel erschaffen wollte, als Basis für eine universelle Definition des Begriffs Kreativität; letzteres war ihm nach eigener Aussage allerdings nicht vergönnt.

Visualisierung

Rhodes selbst hat sein Modell der 4 P der Kreativität in keiner seiner Arbeiten visualisiert. Abgeleitet von seinen schriftlichen Ausführungen aber lassen sich folgende Schlussfolgerungen treffen:

  • Alle 4 von ihm letztlich identifizierten und elizitierten Bausteine bezeichnen jeweils autarke Wissensgebiete und Forschungsfelder von Kreativität (s. Abb. 1)
  • Alle 4 Felder stehen gleichberechtigt und gleichwertig nebeneinander; es gibt keine Hierarchie oder Abfolge (s. Abb. 1).
  • Es gibt weder überlieferte Überschneidungen noch Funktionszuweisungen; Rhodes' Ansatz von 1956/1961 kann daher als eine reine deskriptive (beschreibende) Darstellung bzw. konzeptionelle Übersicht der elementaren Bausteine von Kreativität verstanden werden (s. Abb. 1).
  • In späteren Jahren wurden erste systemische Abhängigkeiten in Rhodes' konzeptionellen Ursprungsansatz hineininterpretiert und nachfolgend grafisch dargestellt (s. Abb. 2).
  • Eine Rekonfiguration der ursprünglichen Bausteine und nachfolgend eine Weiterentwicklung von einem konzeptionellen Rahmenwerk hin zu einem systemisch-funktionalen Handlungsansatz erfolgte erst viele Jahre später (s. Abb. 3, Luther 2005).

Ausgehend von diesen Ausführungen lassen sich folgende grafische Darstellungen als externe Interpretation bzw. Weiterentwicklung ableiten:

Ergänzungen

Es gab und gibt wiederholte Versuche anderer Autoren, die vier Ps um weitere P-Begrifflichkeiten zu ergänzen, die aber bislang weder eine schlüssige neue Komponente auf der gleichen Bedeutungsebene hinzugefügt haben, noch sich in der Kreativtheorie/-anwendung durchsetzen konnten.

Allen bisherigen Ergänzungen in der Literatur (wie beispielsweise "Potenzial", "Platz", "Problem", "Präferenz", "Phantasie", "persuasion" (dt.: Überzeugung), "Passion", "Power" u.W.m.) ist gemeinsam, dass sie keine eigenständige Wertigkeit der gleichen Ebene wie die 4 P aufweisen, sondern bereits in den, von Rhodes ursprünglich formulierten, 4 P abgebildet sind; am konkreten Beispiel erläutert heißt das: "Potenzial" ist (mindestens) enthalten in "Person", ebenso wie auch "Präferenz" und "Power" damit verbunden sind, und weiterhin auch "Phantasie", "Persuasion (Überzeugung)" und "Passion"; "Platz" ist ein Teil von "Press"; "Problem" ist als Startpunkt ein wesentlicher Teil von "Prozess". Es kann gemutmaßt werden, dass etliche der zusätzlich vorgeschlagenen Begrifflichkeiten Rhodes im Kontext seiner Studien auch geläufig waren und von ihm bereits aussortiert wurden.

Weiterhin beziehen sich viele Autoren, Kreativitätspraktizierende und Feld-Entwickler in eigenen Abhandlungen bis heute immer wieder auf den grundlegenden Ansatz von Rhodes, ohne ihn selbst allerdings als Urheber zu benennen; manche geben das Konzept mit leichten Umbenennungen, manche sogar namens- und inhaltsidentisch als eigenes Werk aus.

Bedeutung

In Summe verstand Rhodes seine Arbeit als Anregung, um autarke Komponenten und davon abgeleitete Forschungsfelder von Kreativität eindeutig zu identifizieren, zu definieren und zusammenzufassen. Da er seine Arbeiten (Dissertation und Artikel) im Bereich "Pädagogik" anfertigte, lässt sich anhand dieser Ausrichtung, wie auch der vorgelegten Literaturliste in seiner Dissertation schlussfolgern, dass sich seine Ausführungen vornehmlich auf die angewandte/ absichtliche Kreativität bzw. problemlösende Kreativität bezogen. Vorausblickend empfahl er, die von ihm herausgearbeiteten Cluster jeweils als Grundlage für weitere, eigenständige Forschungen zu verstehen und zu nutzen.

Insgesamt wird die Bedeutung des "4P der Kreativität"-Konzepts heute als bahnbrechend für das tiefere Verständnis der angewandten/ absichtlichen Kreativität angesehen, was Rhodes' Arbeit mindestens auf eine Stufe stellt mit den Arbeiten von Csikszentmihalyi, Boden, Sternberg, Gunkel und Amabile.

Neuere Forschungsarbeiten gehen über den lediglich beschreibenden Erklärungsansatz hinaus, zeichnen ein mehr systemisches Bild des Felds (Luther 2005) und setzen die verschiedenen Komponenten in Wirkungs-Abhängigkeiten zueinander (vgl. Ce3PO und Kreativität 2.0); sie geben damit dem ursprünglich rein deskriptiven Ansatz eine neue, systemisch-funktionale Ausrichtung und Bedeutung.


Kritik

Der "4P der Kreativität"-Ansatz beinhaltet allerdings auch einige Nachteile:

  • Die ausschließliche Fixierung auf P-Begrifflichkeiten rief viele Nachahmer auf den Plan, die nur weitere P-Begrifflichkeiten ergänzen wollten.
  • Die von Rhodes entworfene Formel und nahezu alle der später noch nachfolgenden Visualisierungen stellen nur eine konzeptionelle Beschreibung des Begriffs "angewandte Kreativität" dar, die in sich auch nicht frei von Widersprüchen ist, und die nicht auf funktionale Einflüsse und Wechselwirkungen der P-Segmente eingeht; auch entstammen die Begrifflichkeiten nicht alle der gleichen Hierarchieebene.
  • Das originale Wort "Press" für Umgebung ist keine wertneutrale Begrifflichkeit (wie zB. "Klima"), sondern immer verbunden mit dem Gedanken "einer Umgebung, die 'drückend' auf das Individuum einwirkt", möglicherweise ist es deshalb sehr oft irreführend verstanden worden und wurde selbst von dem Autor meist mit "Umgebung" (engl.: "environment") als Erläuterung versehen oder in Klammern ergänzt. Eventuell wollte Rhodes sich an den legendären 4 P des Marketing orientieren, wobei weitere P-Begrifflichkeiten für die Umgebung durchaus denkbar gewesen wären.


Vorteil

Der Verdienst von Rhodes ist es, als Erster das Feld der angewandten Kreativität in eindeutige Bausteine unterteilt und diesem Begriff und Konstrukt damit eine Grundstruktur gegeben zu haben.

Der Vorteil von Rhodes' richtungsweisendem 4P-Ansatz war es, dass er die, oft isoliert geführte Betrachtung einzelner kreativer Komponenten, Aspekte und Details (wie z.B. Kreativitätstechniken) überwand, die Begrifflichkeiten von Kreativität in einen Gesamtzusammenhang stellte und damit dem "Konstrukt Kreativität" erstmals eine innere/ intradisziplinäre Feld-Struktur gab.


Literatur


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