Göttliche Inspirations-Mythos
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Version vom 25. Juli 2015, 19:46 Uhr
Göttliche Inspirations-Mythos bezeichnet den vielleicht ältesten Kreativitätsmythos, nach dem Kreativität und kreative Leistungen nur aufgrund von höheren Eingebungen ("göttlichen" Impulsen) geschehen; er geht zurück bis in die frühe Zeit des Christentums als "Kreativität" unmittelbar zurückgeführt wurde auf das, nur Gott vorbehaltene "Schöpfen" aus der "Schöpfungsgeschichte".
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Gegenstand
Wie alle Mythen ist auch der Göttliche Inspirations-Mythos ein generalisierender Glaubenssatz, d.h. eine unbewiesene Vorannahme bzw. eine verallgemeinerndere subjektive Erfahrung - noch dazu der wahrscheinlich älteste seiner Art.
Die zugrundeliegende ältere Behauptung ist: Kreativität kommt nur in Form göttlicher Schöpfung/ Eingebung vor und tritt bei normalen Menschen/ Sterblichen nicht auf.
Basis
Der Göttliche Inspirations-Mythos hat sich u.a. dadurch lange Zeit gehalten, dass es weder der Kreativitätsforschung noch dem Kreativitätsmanagement bis heute (Stand 2015) gelungen ist, sich auf eine einheitliche Rahmendefinition bzw. ein einheitliches Begreifen des Konstrukts Kreativität zu verständigen.
Konkrete Auswirkung
Die Auswirkungen sind, dass es bis heute Vertreter dieses Mythos gibt, die Kreativität als eine unbegreifliche Kraft darstellen, die normale Menschen, wenn überhaupt, eher zufällig streift, in der Regel jedoch nur wenigen Auserwählten, Genies vorbehalten bleibt, die ggf. sogar von Geburt damit gesegnet sind. Damit ist speziell dieser Mythos eng verbunden mit/ bzw. steht Pate für eine ganze Reihe anderer Mythen, wie z.B. den Genie-Mythos.
Aktueller Erkenntnisstand
Der aktuelle Erkenntnisstand der Kreativitätsforschung ist:
- Kreativität ist eine normale menschliche Fähigkeit, die von Geburt aus vorhanden ist.
- Bei Kindern ist sie von Natur aus noch unbeeinträchtigt ausgeprägt und wird oft sogar, weil erwünscht, stark gefördert (in Schule, Elternhaus und Gesellschaft).
- Wie jede andere menschliche Fähigkeit lässt sich auch Kreativität bis ins hohe Alter hinein aufrechterhalten, stimulieren, trainieren und (re-)animieren.
Beweisführung
Der Glaubenssatz lässt sich selbst aus klassischer Perspektive dadurch widerlegen, dass große kreative Köpfe der Vergangenheit oft lange brauchten, bis sie ihr Talent entwickelten - dann aber dieses Talent beständig, über Jahre hinweg, als Ergbenis harter Arbeit und Beharrlichkeit unter Beweis stellten (wie z.B. Leonardo da Vinci, Michelangelo, Pablo Picasso u.A.m.) - dann aber als kreative Jahrhundertgenies verehrt wurden.
Allgemeiner Hintergrund
Prägung
Glaubenssätze sind Vorannahmen über einen bestimmten Sachverhalt. Sie entstehen häufig durch:
- ein einmaliges Erlebnis/ eine einmalige Erfahrung, die nachfolgend verallgemeinert wird;
- Aussagen oder interpretierte Aussagen realer oder vermeintlicher Autoritäten;
- Wiederholung;
- in Prägungssituationen (Signifikanten Emotionalen Ereignissen).
Sie sind als solches oft nicht logisch herleitbar, sondern basieren auf der Verallgemeinerung subjektiver Erfahrungen, die zu einer bestimmten Zeit einmal als wahr angenommen wurde und sich nachfolgend herausgebildet hat. Im Alltag oder in einem bestimmten Fachgebiet helfen Glaubenssätze oft dabei, sich in der Welt zu orientieren.
In Summe: Oft werden sie vehement vorgetragen, basieren auf vermeintlichen Expertenaussagen (Autoritäten), eigenen früheren Erfahrungen, einem allgemeinen Hörensagen oder individuellen Theorien, warum etwas so und nicht anders ist. Durch Wiederholungen im Denken, Reden und Handeln festigen sie sich oft im Sinne einer "selffulfilling prophecy" (einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung"). Durch keine der genannten Handlungen allerdings gewinnt ein Glaubenssatz an realer und bewiesener Glaubwürdigkeit und Aussagekraft, sondern bleibt ein Mythos.
Prinzip
Glaubenssätze haben die Fähigkeit, sich selbst zu erhalten. Solange die Hauptaussage erhalten bleibt, sind sie sehr anpassungsfähig und oft logisch nicht widerlegbar.
Orientierung
Glaubenssätze lassen sich in dem Modell der Neurologischen Ebenen der Persönlichkeit/Veränderung auf der 4. Ebene (Glauben/ Werte) lokalisieren.
Veränderung
Um Glaubenssätze, wenn gewünscht zu verändern, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, wie z.B.: Glaubenssatzveränderung, Musterunterbrechung, Reframing, Satir-Beliefänderung, Submodalitätenarbeit, Swish, Walking belief change u.A.m..
Hinweis: Zu allen Veränderungsmöglichkeiten sei darauf hingewiesen, dass es sich i.d.R. um einen tieferen Eingriff in die Persönlichkeit (und ihr individuelles "Bild von der Welt") handelt, der nur auf der Basis eines autonomen, selbstinitiierten Wollens vorgenommen werden sollte; eine Glaubenssatzveränderung sollte immer im Vorfeld mit einem Zielsatz vorbereitet und einem Ökologie-Check individuell abgeglichen werden.
Literatur
- Michael Luther: Seminarpaket Kreativitätsmanagement. Frankfurt 2014. ISBN 978-3-86936-533-6
- Michael Luther: Das große Handbuch der Kreativitätsmethoden. Bonn 2013. ISBN 3941965476