PO
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PO* steht für Provocative Operation (deutsch: provokative Operation; gelegentlich auch Mentale Provokation genannt; Edward de Bono 1972) und bezeichnet eine Ideenfindungstechnik, die in mehreren Abstufungen mittels provozierender Aussagen (z.B. "Po-Kunden haben Geld zu verschenken", "Po-Kunden haben Zeit ohne Ende", "Po-Kunden verlangen nicht nach Qualität"), und deren Nutzung als Sprungbrett, bestehende Vor-/ Grundannahmen provozierend in Frage stellt und so den Weg für neue Lösungsansätze in der Ideenfindung eröffnet.
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Inhaltsverzeichnis |
Technikbeschreibung
Ausführung
- Bezogen auf eine Aufgabenstellung werden zunächst die entscheidenden Problemaspekte und alle dazugehörenden Vorannahmen gesammelt.
- Diese "Selbstverständlichkeiten" werden dann in eine gegenteilige Aussage umgedreht und versehen mit dem Signalwort PO als ein provokativer oder auch auf den ersten Blick widersprüchlicher Gedanke geäußert;
- das Statement wird dann als bewusst gewählter Ausgangspunkt einer Ideenproduktion mit noch unbestimmtem Ausgang genutzt. Damit können Anwender erkennen, dass es nicht um die Diskussion der Korrektheit der Aussage geht, sondern diese ausdrücklich als Sprungbrett verwendet wird, um zu erkunden, zu welchen neuen Ideen sie führt. Edward de Bono versteht den Begriff "PO" in diesem Sinne als ein Signalwort, das anzeigt, das man hier den Bereich des klassischen, regelgerechten Denkens verlässt - i.S.v.: "Achtung, hier folgt etwas Unorthodoxes! Bitte nicht gleich zurückweisen, sondern als Stimulanz benutzen, um sein Denken zu bewegen!
- Anschließend werden die gefundenen "Provokationen" oder Ideen
- entweder unmittelbar als Lösungsansätze weiterbearbeitet
- oder als Reizelemente auf die ursprüngliche Aufgabenstellung bezogen (i.S.v. "Sprungbrettideen"), um "normale" Ideen auszulösen.
Hintergrund
Die Technik wurde im Rahmen des Lateralen Denkens eingeführt; sie verdeutlicht idealtypisch das Prinzip dieses Denkansatzes, nicht auf direktem Weg eine Lösung für die Aufgabenstellung zu suchen (wie z.B. beim Brainstorming), sondern zuerst vermeintlich (gedanklichen) Seitenwegen zu folgen, die dann von einer ungewohnten Position heraus neue Ideen für die eigentliche Aufgabenstellung liefern.
Funktionsprinzip
PO funktioniert nach dem zugrundeliegenden Kreativitätsprinzip der Provokation. Die ersten 3 Schritte der Technik können auch als Problementfernung verstanden werden; mit dem 4. Schritt erfolgt eine Wiederannäherung.
Alternativen
Edward de Bono unterscheidet 6 verschiedene Ausführungsvariationen der PO-Technik:
- Umkehrung: z.B. "PO Kunden instruieren die Service-Mitarbeiter." - oder "PO unsere Kunden verkaufen uns etwas."
- Aufhebung einer Vorannahme: z.B. "PO in unserem Geschäft gibt es gar nichts zu kaufen."
- Idealfall: z.B. "PO jeder Auszubildende bekommt automatisch einen Abschluss."
- Zufallsbegriff (i.S. der Reizwortliste): z.B. "Verkauf PO Alpenglühen."
- Übertreibung: z.B. "PO ein Besuch unseres Ladens dauert 2 Wochen."
- Verfälschung (Veränderung einer qualitativen Eigenschaft der Problemstellung): z.B. "PO unsere Anlage wird durch Maikäfer bewacht."
Hinweise
- Das ergänzte PO dient als Signal nach außen: "Achtung, es folgt eine Provokation". Es ist aber auch eine interne Erinnerung für den Sprecher: "Nicht sofort im Ja/Nein-Schema denken, sondern in Möglichkeiten; divergent und abseits gewohnter Wege". Im Englischen wird es auch als sprachlicher Gegensatz zu dem Wort "No" genutzt. Es signalisiert nicht nur, dass jetzt ein ungewohnter Denkansatz kommt, dem eine Chance gegeben werden soll, sondern auch, dass es zwischen "Ja" und "Nein" immer noch mindestens eine dritte Möglichkeit gibt.
- Die Technik lässt sich grundsätzlich auch von unbetreuten Gruppen durchführen. Es wird aber eine erfahrene Moderation empfohlen, die die Teilnehmenden stimulieren kann und Provokationen auf die Sache fokussiert, d.h. mögliche Provokationen der Teilnehmer untereinander auffängt.
- Die Lösungsfindung aus den PO-Formulierungen braucht in der Regel Zeit und Geduld.
Variationen
* Namensalternativen bekannt
Im deutschen Sprachraum wird die Technik auch unter Namen wie NIE-Technik (Neue Ideen Erfinden), Trittstein-Methode, Fluchtmethode oder Ausfallschritt-Technik aufgeführt.
Nutzen
- Provokation und Humor werden genutzt, um wirkliches geistiges Neuland zu betreten.
Vorteile
- "Hebelt" begrenzende Vorannahmen aus und führt Querdenken ein.
- Kann auch als Aufwärmtechnik genutzt werden.
Nachteile
- Eine provokative Ideentechnik, die analytisch orientierten Teilnehmern oder Einsteigern oft sehr ungewohnt daherkommt und nicht liegt.
Literatur
- Edward de Bono: Po: Beyond yes and no. New York 1972. ISBN 0-14-021715-0
- Edward de Bono: Serious Creativity. Stuttgart 1996
- Michael Luther: Das große Handbuch der Kreativitätsmethoden. Bonn 2013. ISBN 3941965476
- Michael Luther: Quergedacht - leicht gemacht. Artikel in ManagerSeminare. Bonn 2012.2. ISSN 0938-6211
- Antje Wolters, Joern Bambeck: Brainpower. Frankfurt 1992. ISB N 3-548-34934-X