Kreativität, Mythen

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Wie um jedes ernstzunehmende Erkenntnis-, Forschungs- und Praxisfeld, so ranken sich auch bei Kreativität eine Reihe von Mythen und Legenden rund um den Begriff. Viele davon sind alt, werden aber bis auf den heutigen Tag gepflegt und halten sich hartnäckig, z.T. auch aus politischen oder wirtschaftlichen Interessen heraus.

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Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Legenden

Die bekanntesten Mythen und Legenden über Kreativität:

  1. Kreativität ist ein angeborenes Talent, man hat es oder nicht.
  2. Kreativität ist nur für Künstler, oder die aus der Werbung, sonst aber für nichts nutze.
  3. Kreativität lässt sich nicht trainieren.
  4. Kreativität ist nur individuell; sie ist nicht erklärbar und hat keine Struktur.
  5. Kreativität wird durch die Leistung zweier Gehirnhälften bestimmt, von denen die eine logisch-analytisch (Linkshirn), die andere phantasievoll-intuitiv arbeitet (Split Brain-Mythos).
    • noch tiefergehend: Die rechte Gehirnhälfte ist die kreative Hälfte.
  6. Angewandte Kreativität besteht nur aus Kreativitätstechniken.

Aktueller Wissensstand

Bei allen vorgenannten Aussagen handelt es sich um Mythen, die mittlerweile als schon lange widerlegt gelten. Der aktuelle Wissensstand ist im Einzelnen dazu Folgender:

  1. Jeder Mensch ist von Geburt an kreativ, wenn auch in Grad und Ausmaß unterschiedlich.
  2. Kreativität kennt viele Ausprägungs- und Erscheinungsformen, die jeweils ihre eigenen Ausrichtungen und Gesetzmäßigkeiten haben.
  3. Kreativität lässt sich, wie jede andere menschliche Fähigkeit auch aktivieren, entwickeln und trainieren. Dabei gelten die, auch für andere Bereichen, allgemeingültigen Trainingsprinzipien, wie: Vom Leichten zum Schweren. * Vom Einfachen zum Komplexen * Vom Bekannten zum Unbekannten * Effekte hängt von Reiz-Intensität, -Umfang und -Nachhaltigkeit ab.
  4. Kreativität als Fähigkeit ist heute besser erforscht als noch in den achtziger und neunziger Jahren; sie lässt sich in vielen ihrer Aspekte durch Psychologie, Neurologie, Pädagogik und weitere Wissenschaftsdisziplinen erklären und besitzt eine eindeutige Struktur. Darüberhinaus gibt es, wie bei jedem anderen Wissensgebiet auch, noch immer weiße Flecken und Bereiche, die sich heute noch einer wissenschaftlichen Begründbarkeit entziehen (z.B.: Synästhesiephänomen, Savants) und die erst in kommenden Jahren dank neuer Verfahren aufgeklärt werden können.
  5. Das Gehirn ist ein multidimensionales Organ, das zu vielfältigen, und bis heute noch lange nicht restlos geklärten Leistungen in der Lage ist; bewiesen ist aber z.B., dass beim Ausfall einer Gehirnhälfte die andere deren Funktionalität vollständig übernehmen kann, mithin die These einer einseitigen funktionalen Spezialisierung heute als widerlegt und veraltet gilt.
  6. Setzt man Kreativität GLEICH mit Phantasie/ Intuition, würde das Vorgesagte (nach der alten Lesart von zwei funktional klar unterscheidbaren Gehirnhälften) gelten; diese Aussage (s.vor) gilt heute als überholt! Darüberhinaus gilt heute als Wissensstand, dass Kreativität nicht nur phantasievolle, sondern auch strukturiert-konzeptionelle Fähgkeiten braucht, um wirken, sich entfalten und genutzt werden zu können. Mithin wäre die Aussage oben auch im Sinne des alten Split-Brain- (2 Gehirnhälften-) Ansatzes eine unzulässige und mehrfach widerlegte Verallgemeinerung.
  7. Dieser Mythos aus jüngerer Zeit verkennt, dass Kreativitätstechniken nur Werkzeuge sind und eine solche Aussage gleichbedeutend wäre mit "Handwerkskunst besteht nur aus dem Umgang mit einem Hammer" oder "gute Maler erkennt man (nur) daran, wie sie mit einem Pinsel umgehen". Kreativitätstechniken sind tatsächlich wirkungsvolle Werkzeuge, die in einem bestimmten Feld der angewandte Kreativität, dem kreativen Prozess, zum Einsatz kommen; bereits in diesem Feld aber stellen sie nur einen kleinen Ausschnitt der möglichen Interventionsformate dar. In anderen Feldern (Person, Panorama) und erst Recht in anderen Formen von Kreativität (z.B. Kunst, Design, Erfindung) kommen gänzlich andere Formate und Modelle zum Einsatz.

Ausgewählte Beispiele

Gegen Kreativität gibt es bis zum heutigen Tag viele Mythen und Legenden. Einige davon sind:

Details

Jugendmythos

  • Ältere Behauptung: Kinder sind kreativ, bei Erwachsenen nimmt die Fähigkeit dazu ab.
  • Erkenntnisstand: Kinder sind tatsächlich von Geburt an kreativ und dürfen in den frühen Lebensjahren ihre Kreativität auch noch ausleben; dazu gehören nahezu selbstverständlich Attribute wie Neugierde, Spieltrieb, Erkundung, Offenheit und Fehlererlaubnis. Mit zunehmendem Alter werden von Institutionen, wie z.B. der Schule und auch der Gesellschaft andere Anforderungen gestellt, und Kreativität wird oft als wenig zielführend "verlernt", negiert oder sogar misstrauisch betrachtet. Tatsächlich aber ist sie nach wie vor vorhanden und kann ausgebaut und weiterentwickelt werden.

Singularitätsmythos

  • Ältere Behauptung: Kreativität kommt nur in der Kunst oder verwandten Bereichen vor. Sie hat aber keine praktische Bedeutung in Alltag oder Beruf.
  • Erkenntnisstand: Von Kreativität gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungsformen, angefangen von den "klassischen kreativen Fächern" wie der Kunst, über die Bereiche von Werbung und Design, bis hin zu "jüngeren" Feldern wie Problemlösung, Innovation-, Veränderungs- und Projektmanagement. Alle diese Ausprägungsformen von Kreativität, abgebildet in dem Modell der Multiplen Kreativitäten, sind unterschiedlich und eigenständig.

Tandmythos

  • Ältere Behauptung: Kreativität ist eine völlig nutzloser Zeitvertreib und reiner Tand, der für Kinder oder Künstler ja nett sein mag, aber im "harten Business und Wettbewerb" weder einen Nutzen noch einen Wert hat.
  • Erkenntnisstand: Kreativität ist eine Kompetenz, die u.a. hilft, auf neue, gute und innovative Ideen zu kommen – und neue Ideen zahlen sich letztlich in harter Währung und durch Marktvorsprung aus. Ohne Kreativität und kreative Kompetenz kann es sein, dass sich der "weiche Faktor Kreativität" in den Bilanzen eines Unternehmens, das mit keinen neuen Ideen am Markt aufwarten kann, hart niederschlägt.

Zufallsmythos

  • Ältere Behauptung: Kreativität ist nicht definierbar, nicht steuerbar und hat keine bestimmbare Struktur.
  • Erkenntnisstand: Kreativität kann sich zufällig einstellen – genauso wie auch große Entdeckungen gelegentlich zufällig passieren. Mehr Nutzen hat man jedoch, wenn man Kreativität als eine Ressource versteht, die sich aus einzelnen konkreten Bausteinen zusammensetzt und sich systematisch und nachhaltig beeinflussen lässt.

Genie-/ Hochbegabtenmythos

  • Ältere Behauptung: Kreativität ist eine unerklärliche Gabe, die nur bei einigen wenigen Auserwählten vorhanden ist.
  • Erkenntnisstand: Wie bei jeder menschlichen Fähigkeit gibt es Hochbegabte und durchschnittlich Talentierte; ein gewisses Grundpotenzial ist aber von Hause aus bei jedem Menschen vorhanden. Am Beispiel "Laufen" lässt sich das gut erklären: Von Haus aus kann jeder (!) Mensch laufen, obwohl es einige Ausnahmetalente gibt, die es bis zum Olympiasieg bringen.

Werkzeugallmachtsmythos

  • Ältere Behauptung: Angewandte Kreativität besteht nur aus Kreativitätstechniken bzw. kreative Leistungen lassen sich nur durch den Einsatz von Kreativitätstechniken erzielen.
  • Erkenntnisstand: Kreativitätstechniken sind Werkzeuge, nicht mehr und nicht weniger. Sie helfen, das kreative Potenzial von Einzelpersonen und Gruppen punktgenau abzurufen und zu verstärken; auf der anderen Seite ersetzen Sie keine kreative Kompetenz. Auch hier hilft das Beispiel "Laufen": Bei gleichguter Veranlagung wird der Läufer mit dem besseren Schuhwerk anderen Läufer überlegen sein; allerdings muss er die Fähigkeit zu laufen selbst mitbringen.

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